Verlust des Geruchssinns einer Patientin infolge einer Nasenscheidewandoperation

Eine Frau ließ eine Nasenscheidewandoperation an sich durchführen. Nach dieser Operation verlor sie jedoch ihren Geruchssinn. Daraufhin verklagte sie die behandelnden Ärzte auf Schmerzensgeld wegen eines Behandlungsfehlers. Vor Gericht konnte festgestellt werden, dass ein damalig zeitnaher Operationsbericht fehlte, da dieser erst zwei Jahre nach der Operation angefertigt wurde. Der vorhandene Operationsbericht konnte daher nicht verwendet werden. Der Arzt behauptete vor Gericht, dass bei einer „solch kleinen Operation“ keine Dokumentation notwendig gewesen wäre. Jedoch wurde nach Einholung eines Gutachtens durch einen medizinischen Sachverständigen eine Dokumentationspflicht festgestellt. Denn aufgrund des Risikos, dass die Geruchsnerven (nervii olfactorii) beschädigt werden können, müssen bestimmte Maßnahmen eingehalten werden, welche auf jeden Fall dokumentationspflichtig sind. Dadurch, dass kein Dokumentationsbericht vorlag, war davon auszugehen, dass keine der zu treffenden Maßnahmen vorgenommen wurden.

Der Geruchssinn der Patientin ist durch eine Ärztin untersucht worden. Es wurde ein kompletter Ausfall der Geruchsnerven festgestellt. Die Untersuchungen der Ärztin wurden vor Gericht von einem Gutachter bestätigt. Ein Zusammenhang zwischen der Nasenoperation und der Geruchslosigkeit (Anosmie) konnte vor Gericht allerdings nicht bewiesen werden, und auch der eingeschaltete Gutachter konnte andere Ursachen nicht ausschließen. Jedoch spricht der Zeitpunkt des Eintritts der Anosmie für eine Verursachung während der Operation. Ebenfalls wurden bei der Untersuchung der Nase vor der Operation keine Anhaltspunkte einer Anosmie festgestellt. Der behandelnde Arzt selber hat jedoch nach der Operation eine Anosmie diagnostizieren können. Auch die Zeugen im Gericht haben ausgesagt, dass der Verlust des Geruchsinns an der Patientin direkt nach der Operation auftrat. Als weitere Ursachen kamen ferner eine Hirnschädigung der Patientin im Kindesalter, sowie ein grippaler Infekt in Frage. Jedoch wäre es sehr unwahrscheinlich gewesen, dass die Folgen der Hirnschädigung 32 Jahre nach dem Geruchsverlust eintreten, und das genau in dem Zeitpunkt nach der Operation. Für einen grippalen Infekt spricht, dass die Patientin schon vor der Operation über eine verminderte Riechfähigkeit klagte. Jedoch war die Fähigkeit zu riechen nur leicht beeinträchtig und nach der Operation vollständig ausgelöscht.

Nach Vernehmung aller Zeugen und Anhörung der Gutachter war das Gericht davon überzeugt, dass die Anosmie der Patientin aufgrund der Operation eingetreten ist. Es wurde daher ein Behandlungsfehler der Ärzte festgestellt, und dieser lag darin, dass die Maßnahmen zum Verhindern der Anosmie unterlassen wurden. Die Patientin hat dadurch einen ihrer Sinne verloren, was eine Lebenseinschränkung darstellt. Durch den Verlust des Geruchssinns gehen auch mehrere Geschmackssinne verloren, da die Geschmacksnerven mit den Geruchsnerven zusammenarbeiten. Auch ist der Geruchssinn zum Erkennen und Abwenden von Gefahren nicht mehr vorhanden. Zum Beispiel könnte die Patientin bei einem Brandfall vor dem Ausbrechen eines Feuers keinen warnenden Brandgeruch mehr wahrnehmen. Mit Rücksicht auf die Betrachtung dieser Umstände, sah das Gericht eine Schmerzensgeldhöhe von 7.000 DM (3.500 EUR) als angemessen an. Der Patientin wurde vom Gericht ein Schmerzensgeld in dieser Höhe zugesprochen.

Urteil 27 U 42/92 OLG Köln vom 17.2.92