Ein Mann erlitt einen Knochenbruch im Mittelfuß. Beim Röntgen wurde eine Unterbrechung des äußeren Knochenmantels festgestellt (Knochenunterbrechung der Knochenrinde). Trotzdem der Knochenbruch konservativ behandelt wurde, verbreitete sich der Bruch weiter, während keine Besserung entstand. Nach Empfehlung der Ärzte unterzog sich der Patient daher einer Operation. Gleichzeitig sollte bei dieser Operation sein Hallux Valgus (medizinisches Schiefstehen des großen Zehs) korrigiert werden.
In der Operation wurden also sowohl Mittelknochenbruch als auch Hallux Valgus korrigiert. Dabei wurde der Bruch des 2. Mittelfußknochens durch Metallplatten verstärkt. Der 1. Mittelfußknochen wurde dabei teilweise durchtrennt (Teilosteotomie). Nach der Operation wurden planmäßig die bei der Operation eingesetzten Drähte (Kirschner- und Spickdrähte) entfernt. Daraufhin hatte sich eine Wundinfektion im Fuß des Patienten gebildet, die dann mithilfe einer Antibiotika-Therapie behandelt werden musste. Der Patient stellte sich danach nicht nochmal im Krankenhaus vor. Trotz Antibiotika-Therapie konnte eine Infektionsausbreitung bis auf den Fußknochen nicht verhindert werden, so dass weitere Operationen eingeleitet werden mussten.
Der Patient verlangte sowohl Schmerzensgeld in der Höhe von mindestens 30.000 EUR, als auch Schadensersatz in der Höhe von 64.367,18 EUR. Dabei stützte er sich darauf, dass die Kirschner Drähte zu früh entfernt wurden, so dass die Ärzte damit hätten rechnen müssen, dass die Knochenheilung verhindert wird. Des Weiteren hätte der Arzt auch mit einer schwachen Immunabwehr des Patienten aufgrund einer Cortison Therapie rechnen müssen. Weiterhin hätte der Arzt ihn über das Risiko einer verschlechterten Wundheilung hinweisen müssen.
Der Arzt behauptete hingegen den Patienten ausführlich über alle möglichen Risiken vor jedem Eingriff erneut aufgeklärt zu haben. Nach Einholung eines Gutachters durch das Gericht wurde die Klage abgewiesen, woraufhin der Patient ein neues Verfahren mit neuer Beweisaufnahme fordert (Berufung). Er behauptete, der Gutachter des Landgerichts habe seine Auffassung widersprüchlich dargelegt. Es wäre eine fehlerhafte Unterscheidung zwischen Kirschner- und Spickdrähten vorgenommen worden. Dies wurde von einem erneuten Gutachter bestätigt, der jedoch darauf verwies, dass dies keine Bedeutung für das letztendliche Urteil hatte.
Der Arzt verteidigte das Urteil, indem er sagte, der Heilungsfortschritt würde für die Infektionsanfälligkeit keine Rolle spielen. Es habe ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine Immunsystemschwächung des Patienten gegeben. Er habe dem Patienten ausführlich erklärt, dass durch die Cortisonbehandlung die Gefahr einer Wundheilungsstörung und die Gefahr von auftretenden Infekten größer sei. Der vom Gericht hinzugezogene Sachverständige hat die Röntgenaufnahmen ausgewertet und ist zum Entschluss gekommen, dass unter Umständen der Osteoporose der Knochenverlauf unauffällig war und damit die Herausnahme der Knochendrähte zu dieser Zeit gerechtfertigt war.
Die beiden Schlichtungsgutachter vertraten jedoch die Meinung, dass eine ex ante Sicht (also die zeitliche Sicht vor der Operation) von einer Sicht im Nachhinein unterschieden werden muss und ex ante auf den Röntgenbildern eine Entnahme der Drähte sichtlich zu früh erfolgte. Der Sachverständige des Oberlandesgerichts betonte, dass die Einnahme cortisonhaltiger Mittel das Infektionsrisiko stark fördert und daher auf eine gesonderte Aufklärung über dessen Folgen geachtet werden muss. Diese Auffassung wurde auch durch die Schlichtungsgutachter gestützt. Diese gingen nämlich davon aus, dass die jahrelange Cortison Behandlung des Patienten sein Immunsystem stark geschwächt hatte. Die Medikamente hatten dann fortlaufend die Wundverbreitung unterstützt und der Patient musste mit dauerhaften Schädigungen und zukünftigen operativen Eingriffen rechnen.
Aufgrund dessen sah das Gericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR für angemessen an. Des Weiteren wurde dem Patienten vom Gericht ein Schadensersatz in Höhe von 64.367,18 EUR zugesprochen, der dem Gehalt entsprach, welches der Patient während seiner Arbeitsunfähigkeit verdient hätte.
Urteil Az. 5 U 68/05 OLG Oldenburg vom 15.11.2006