Bei einer 49 Jahre alten Frau wurde Brustkrebs (Mammakarzinom) festgestellt. Dieser wurde durch eine Quadrantenresektion (Entfernung eines Viertels der Brust, wo der Krebs sitzt) operativ entfernt. Es folgte sowohl eine Nachoperation, als auch eine Bestrahlung der linken Brust. Später wurden abgestorbene Zellen aus der Narbe entfernt. Auf Wunsch der Patientin wurde die linke Brust anschließend komplett entfernt und künstlich, mithilfe eines Implantates, neu aufgebaut, da sie sich vor einem weiterem Brustkrebsbefall schützen wollte und die Brust verformt war. Aufgrund einer anschliessenden Ungleichheit im Bezug auf die Größe der Brüste, wurde die rechte Brust operativ verkleinert. Das Implantat der linken Brust entzündete sich später und drohte durchzuscheuern, weshalb eine Operation zur Entnahme des Implantats angesetzt werden musste.
In einer weiteren Operation wurde die Brust erneut mit dem Unterbauchfett der Patientin aufgefüllt. Es musste eine neunstündige Operation angesetzt werden. Eine der Operationsfolgen war, dass die Patientin drei Wochen auf dem Rücken liegen musste, damit die Narbe am Bauch verheilen konnte. Des Weiteren hat sich in der Lunge der Patientin nach der Operation Wasser angesammelt, weshalb sie ebenfalls unter Kreislaufproblemen litt. Da das Fettgewebe der Patientin sich nicht von selbst in der Brust wieder herstellen konnte, musste etwas Muskelmasse vom Rückenmuskel entnommen und in einer viereinhalbstündigen Operation in die Brust eingesetzt werden. Des Weiteren wurde ein Brustmuskel stärkendes Dehnungsseil (Expander) eingesetzt, welches später durch ein Implantat ersetzt wurde.
Die Patientin verklagte die behandelnden Ärzte. Wegen einer Ungleichheit der Brüste wurde die Brustdrüse der Patientin entfernt (Masketomie), anstatt eine Angleichung vorzunehmen. Darin sah die Patientin einen groben Behandlungsfehler der Ärzte. Ebenso hätte sie einer solchen Operation nie zugestimmt. Des Weiteren sei ihr Brustimplantat tastbar gewesen und wäre fast durchgescheuert. Auch sei der Brustmuskel der Patientin nach der Bestrahlung noch nicht stark genug für ein Implantat gewesen. Es hätte zu dieser Zeit nie ein Implantat gesetzt werden sollen, da die Folgen absehbar gewesen wären.
Die Patientin sei ebenfalls nie darüber aufgeklärt worden, dass das Risiko des Durchscheuerns der Implantate besteht. Es waren Alternativbehandlungen möglich gewesen. Die Patientin leidet fortdauernd an psychischen Schäden, da auch ihre rechte gesunde Brust abgenommen werden musste. Ebenso wird sie immer unter den Operationsfolgen, wie Schmerzen und einem verunstaltetem Erscheinungsbild, leiden.
Aufgrund der körperlichen und psychischen Schäden ist sie arbeitsunfähig geworden. Ebenfalls war sie lange Zeit nicht zur Haushaltsführung fähig.
Die Patientin sieht ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 EUR für angemessen und verlangt des weiteren Schadensersatz in Höhe von 95.644,23 EUR. Dieser Betrag setzt sich aus dem hypothetischem Gehalt der Patientin zur Zeit der Arbeitsunfähigkeit, etlichen Fahrgeldern und dem Gehalt der Haushaltshilfe zusammen.
Vor Gericht trug der behandelnde Arzt vor, dass er nicht wie behauptet eine Amputation (Masketonomie) der Brust vorgenommen hatte, sondern die Brust nur verkleinert hatte. Des Weiteren behauptete er, dass er bei allen vorgenommenen Eingriffen nach den normalen ärztlichen Regelungen und Vorsichtsmaßnahmen gehandelt habe. Ebenso habe er den Muskel aus dem Rücken entnehmen müssen, da er erst bei der Operation festgestellt hat, dass der Muskel, der unter dem Silikonkissen sitzt, durch die Bestrahlung stark geschädigt worden ist. Des Weiteren behauptete er, die Patientin über alle denkbaren Folgen vor der Operation aufgeklärt zu haben.
Die beklagten Ärzte bestritten des Weiteren, dass eine Unfähigkeit zur Haushaltsführung durch psychische Probleme zu begründen sei. Auch war strittig, ob überhaupt eine Depression seitens der Patientin vorliegt. Das Gericht konnte schließlich jedoch feststellen, dass der Arzt einen groben Behandlungsfehler begangen hat, indem er die Patientin nicht genügend über die möglichen Folgen aufgeklärt hatte. Ein weiterer Behandlungsfehler liegt darin, dass die an der Patientin durchgeführte Operationstechnik nicht für die Patientin geeignet war. Es ist folglich davon auszugehen, dass die Folgen dadurch eingetroffen sind.
Im Ergebnis wurde der Patientin vom Gericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 130.000 EUR zugesprochen. Die Höhe der Schmerzensgeldsumme war dadurch zu begründen, dass die Patientin sowohl physische als auch psychische Schmerzen erleiden musste. Des Weiteren erhielt sie einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 9.258 EUR und Anspruch auf eine vierteljährliche Jahresrente in Höhe von 831 EUR.
Urteil 14 O 402/05 LG Coburg vom 14.4.2009