Kalziummangel eines Patienten führte zu neurologischen Folgen in der Artikulationsfähigkeit, Atmung und Feinmotorik

Ein 47 jähriger Mann litt unter einer chronisch entzündeten Darmerkrankung (Morbus Crohn). Bei dieser Krankheit kann es zu einer Entzündung des kompletten Verdauungstrakts kommen, weshalb der Patient unter akutem Darmverschluss litt (Unterbrechung des Darmabschnitts). Deshalb ließ er sich operieren, wobei ein Teil des Dickdarms entfernt werden musste und ein künstlicher Darmausschluss (anus praeter naturalis) gelegt wurde. Nach seiner Entlassung wurde er erneut ins Krankenhaus eingewiesen, aufgrund häufigen Erbrechens und Unterleibsschmerzen.

Beim Patient wurde eine lebensbedrohliche Abmagerung, sowieso eine starke Austrocknung (Exsikkkose) und eine Störung des Elektrolytenspiegels im Körper (Elektrolytentgleisung), welcher über Fehlfunktion des Nervensystems zum Tod führen kann, festgestellt. Diese Symptome entstanden durch einen starken Flüssigkeitsverlust über den künstlichen Darmausgang (Ileostoma). Nach der Diagnose wurde der Kläger in eine Morbus-Crohn Ambulanz geschickt, wo die Darmentzündung medikamentös behandelt wurde.

Circa ein halbes Jahr nach der Entlassung stellte sich der Patient wieder in der Klinik vor, da er an über Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Sprachstörungen und an Krämpfen (im Gesicht und in der Handfläche) litt. Im Krankenhaus wurde festgestellt, dass er immer noch eine Störung des Elektrolytenspiegels hatte, da seine Kalzium- und Magnesiumwerte stark vom Normalwert abwichen. Er wurde mit Kalzium und Magnesiumpräperaten während des stationären Aufenthalts behandelt. Nach der Entlassung wurde dem Patient noch einmal geraten, die Magnesium- und Kalziumpräperate weiterhin einzunehmen. 

Der Patient hatte durch die Hypokalzämie (Kalziummangel im Blut) dauerhafte Störungen an der Feinmotorik, der Atmung und der Artikulationsfähigkeit erlitten. Er verklagte die behandelnde Klinik auf Schmerzensgeld in Höhe von 11.011 EUR, da er wegen der Krankheitsfolgen seinen Arbeitsplatz verloren hatte. Die Summe berechnet sich aus dem Gehalt, welches er bei seinem Arbeitsplatz verdient hätte, wäre er nicht gekündigt worden. Des Weiteren beantragte er Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR aufgrund der vermeidlichen Fehlbehandlung durch die Ärzte. Diese soll darin liegen, dass die Ärzte die Störung im Elektrolytenspiegel (darunter auch Kalziummangel) beim ersten Klinikaufenthalt zwar erkannt hatten, jedoch nicht behandelten. Es konnte festegestellt werden, dass der Patient zur Zeit der ersten klinischen Behandlung nicht ausreichende Anzeichen an einer Hypokalzämie (Kalziummangel im Blut) vorwies, sodass die Ärzte dies nicht hätten behandeln müssen.

Die äußeren Erscheinungen des Kalziummangels traten erst später auf. Des Weiteren hätten die Ärzte beim zweiten Klinikaufenthalt zu wenig Kalzium verabreicht, weshalb er heute noch Schäden davon tragen würde. Da dem Patient sowohl intravenös, als auch oral, Kalzium verabreicht wurde, kann man von keinem Behandlungsfehler der Ärzte sprechen. Die Ursachen des Kalziummangels können sich nicht auf die zu späte Behandlung der Klinik zurückführen lassen. Der Kalziumspiegel im Blut wurde von den behandelnden Ärzten noch während des Klinikaufenthalts auf Normalwerte erhöht. Der gerichtliche Sachverständige hat die dem Patienten verabreichende Kalziummenge als ausreichend erklärt. Ebenso wäre eine zu hoch dosierte Menge an Kalzium für den Patienten tödlich. Somit wurde vom Oberlandesgericht die Berufung gegen das erste Urteil abgwiesen. Der Patient erhält keinerlei Schmerzensgeld. Eine Revision ist nicht mehr möglich.

Urteil 1 U 1633/10 OLG München vom 14.10.2010