Schmerzensgeld iHv 40.000 EUR für unnötige Nervdurchtren­nung im Arm und anschliessender, nötig gewordener Amputation der Hand

Am 03.06.1993, nach dem Wechsel eines Keilriemens an einem Auto, verletzte sich ein 32 Jähriger Mann schwer am Ventilator der Lichtmaschine an seinem rechten Unterarm. Dort befand sich eine ca. 6 cm lange Wunde. Daraufhin suchte er schnellstmöglich eine Klinik auf. Bei der Erstversorgung durch den anwesenden Arzt der Chefarztambulanz des Kran­kenhauses diagnostizierte der Mediziner eine Schnittwunde am rechten Unterarm mit Beugesehnenverletzung. Der Arm des Patienten wurde daraufhin betäubt, die Wunde wurde angeschaut (Wundrevision) und die Beugesehnen am Übergang zum Muskel wurden vernäht. Danach erhielt der Patient eine Gipsschiene.

Am nächsten Tag kam der Patient nochmals in die Klink und klagte über starke Schmerzen bei Bewegungen des Handgelenks. Daraufhin wurde der Gips etwas lockerer eingestellt.

Am 06.06.1993 litt der Patient immer noch an starken Schmerzen im Bereich der Wunde. Bei einer weiteren Untersuchung in der Klink wurde eine Schwellung und ein Bluterguss (Hämatom) am Arm beobachtet.

Am Tag darauf wurde ein Verbandswechsel und eine Fingerschiene angebracht und der Patient an einen Durchgangsarzt (ein Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie oder ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnung „Spezielle Unfallchirurgie“, der von den Berufsgenossenschaften eine besondere Zulassung erhalten hat) verwiesen. Dieser überwies ihn wegen anhaltender Schmerzen weiter an einen Neurologen. Der Neurologe untersuchte den Patienten und stellte eine Funktions­störung eines Nervs im Arm fest.

Nach weiteren Konsultationen bei Ärzten und Kliniken und keinen Besserungen des Schmerz-Zustandes des Patienten wurden am 25.08.1993 und am 11.07.1994 Revisions-OPs durchgeführt. Auch diese führten zu keiner Klärung und Verbesserung der Schmerzen. Vom 20.09.1994 bis zum 11.10.1994 wurde der Patient in eine Reha-Maßnahme überführt. Diese Maßnahme brach der Patient auf eigenen Wunsch ab, um sich bei einem anderen Arzt in Behandlung zu begeben.

Mit dem Ziel eine Linderung der starken Schmerzen des Patienten herbeizuführen, führte der Arzt mit Zustimmung des Patienten eine Nervdurchtrennungs-OP zur Schmerzausschaltung durch. Die Durchtren­nung der Stammnerven der Hand des Patienten war laut Gutachter „weder eine standardisierte noch eine medizinisch anerkannte noch überhaupt eine geeignete chirurgische Maß­nahme gewesen die Schmerzen zu lindern““. Es sei daher unverständlich, warum die Nervdurchtrennungs-OP überhaupt durchgeführt worden sei.

Am 28.02.1995 stellte sich der Patient in einer weiteren Klinik vor. Der dortige Professor stellte eine hundertprozentige Funktionsbeeinträchtigung des rechten Armes fest. Nach weiteren Konsultationen in einer Uniklinik wegen anhaltender Schmerzen und Ausfalls der Nerven musste am 27.11.1995 innerhalb eines stationären Aufenthalts eine Unter­armamputation des rechten Armes durchgeführt werden. Weitere Aufenthalte zur Anpassung einer Unterarmschmuckprothese und Anfang 2006 zur Nach­amputation des rechten Armstumpfes wurden erforderlich.

Im Ergebnis wurde dem Patienten wegen der fehlerhaften unfallchirurgischen Erstversorgung (führte zu einer Nervirritation im Verletzungsbereich) am 03.06.1993 und wegen des als grob fehlerhaft eingestuf­ten Eingriffs vom 24.11.1994 (Nervdurchtren­nung) ein Schmerzensgeld iHv 40.000 EUR zugesprochen.

Urteil 1 U 45/02-10 OLG Saarbrücken vom 28.01.2004