Schmerzensgeld bei einem schweren Hirnschaden eines 4 Jährigen Mädchens

Ein ca. 4 1/2 Jähriges Mädchen brach sich am 12.12.02 bei einem Sturz den linken Arm. Am gleichen Tag erfolgte eine Operation des Kindes zur Fixierung des Bruches, damit dieser anschliessend verheilen sollte. Das Kind wurde dazu narkotisiert. Bei der Narkose kam es zu einer sogenannten Schaukelatmung (die Atmung verläuft genau umgekehrt wie normalerweise. Der Brustkorb zieht sich bei der Einatmung zusammen und bei der Ausatmung dehnt er sich aus.). Ausserdem lag eine Blauverfärbung der Lippen als Folge einer zeitweise unterbrochenen Atmung (Lippenzyanose) vor.

Drei Tage später wurde bei dem Mädchen eine Hirnschwellung (Hirnödem, Flüssigkeitseinlagerung im Gehirn) festgestellt. Trotz eingeleiteter Gegenmaßnahmen zur Abschwellung, stieg der Hirndruck weiter an. Zu einer Besserung kam es erst am 20.12.2002.

Seit diesem Vorfall leidet das Mädchen an einem schweren Hirschaden (apallisches Syndrom, funktioneller Ausfall der gesamten Großhirnfunktion oder größerer Teile davon). Sie ist zu 100 % schwerbeschädigt / schwerbehindert mit Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftigkeit). Ausserdem leidet sie an einer Spastik an allen vier Gliedmaßen (Tetraspastik). Ihre Ernährung kann nur künstlich über eine Sonde erfolgen.

Weil der Zustand des Mädchens durch einen ärztlichen Behandlungsfehler (in der Vorinstanz bereits geklärt) verursacht wurde, hat das Gericht dem Kind ein Schmerzensgeld in einer Gesamthöhe von 650.000 EUR zugesprochen. Der Betrag setzt sich aus einem Schmerzensgeld und aus einer zu zahlenden Schmerzensgeldrente zusammen. Das Gericht hatte unter anderem deswegen ein so hohes Schmerzensgeld festgesetzt, weil eine Erinnerung des Kindes an das Leben vor dem Vorfall nicht ausgeschlossen werden konnte. Daher wäre es möglich, dass dem Mädchen die Grausamkeit und Ausweglosigkeit ihrer Situation durchaus bewusst sei und sie daher neben dem körperlichen auch grosses seelisches Leid ertragen muss.

Urteil 20 U 157/10 KG Berlin vom 16.02.2012