Ärztliche Schweigepflicht – Praxisverkauf, Krankenkasse, medizinischer Gutachter / Sachverständige

Was passiert mit der ärztlichen Schweigepflicht wenn die Praxis des Arztes verkauft wird ?

Wird die Praxis des Arztes an einen oder mehrere andere Ärzte verkauft, werden häufig auch die Patientenakten den nachfolgenden Medizinern übergeben. Dies darf auch ausdrücklich geschehen. Es ist allerdings nicht gestattet, dass die neuen Ärzte die Patientenakten auch einsehen dürfen. In § 10 Abs. 4 MBO heisst es dazu: Nach Aufgabe der Praxis haben Ärztinnen und Ärzte ihre ärztlichen Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde gemäß Absatz 3 aufzubewahren oder dafür Sorge zu tragen, dass sie in gehörige Obhut gegeben werden. Ärztinnen und Ärzte, denen bei einer Praxisaufgabe oder Praxisübergabe ärztliche Aufzeichnungen über Patientinnen und Patienten in Obhut gegeben werden, müssen diese Aufzeichnungen unter Verschluss halten und dürfen sie nur mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten einsehen oder weitergeben. Ein Einsichtsrecht der nachfolgenden Ärzte besteht daher nur dann, wenn die Patienten in dieses Recht einwilligen oder ihre Einwilligung durch schlüssiges Verhalten dem Arzt gegenüber zeigen.

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Wie ist die ärztliche Schweigepflicht gegenüber den gesetzlichen und privaten Krankenkassen, den Sozialversicherungsträgern und den Berufsgenossenschaften geregelt ?

Nach § 100 Abs.1 SGB X (Auskunftspflicht des Arztes oder Angehörigen eines anderen Heilberufs) ist der Arzt verpflichtet Leistungsträgern der gesetzlichen Versicherung (also die gesetzlichen Krankenkassen, Sozialversicherungsträger, Berufsgenossenschaften u.a.) im Einzelfall auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben erforderlich und es gesetzlich zugelassen ist oder der Betroffene im Einzelfall eingewilligt hat. Trifft dies nicht zu, besteht die ärztliche Schweigepflicht. Die zu erteilende Auskunft muss sich dabei aber immer auf das zur Aufgabenerfüllung erforderliche Maß beschränken. Niemals dürfen daher die vollständigen Akten des Patienten übergeben werden. Dies findet hauptsächlich durch Aushändigung des Kranken- oder Überweisungsscheins oder der Chip- Karte statt.
Auf Patientenseite ist noch § 60 I SGB I zu beachten. Der Patient, der gesetzlich krankenversichert ist, hat alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen.
Bei privaten Krankenversicherungen, Lebensversicherungen oder Unfallversicherungen ist die ärztliche Schweigepflicht allerdings zu wahren, d.h. an diese Institutionen dürfen keine Informationen ohne Einwilligung des Patienten herausgegeben werden.

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Wie verhält es sich mit der ärztlichen Schweigepflicht eines medizinischen Sachverständigen / Gutachters vor Gericht ?

Der vom Gericht eingesetzte medizinische Sachverständige unterliegt ebenfalls der ärztlichen Schweigepflicht. Allerdings bezieht sich diese nur auf alle Informationen, die nicht Teil des Gutachtenauftrages des Gerichts sind. Ansonsten wäre die Arbeit des medizinischen Sachverständigen für das Gericht sinnlos.

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